Das Waisenhaus
Während vor allem der amerikanische und japanische Horrorfilm durch Sequels und Remakes in Selbstzitaten erstickt, kommt seit Jahren frischer Wind aus Spanien. Ausgerechnet durch die Rückbesinnung auf die klassische Gothic Novel wird das Genre um Suspense und Fantasie bereichert, während Torture Porn a la „Hostel“ und „Saw“ nur auf Sadismus und zerstückelte Körperteile setzt.
Filme wie Balaguerós „The Nameless“ und „Darkness“ oder Amenábars „The Others“ und „The Baby’s Room“ von Alex de la Iglesia sind gute Beispiele dafür, dass das spanische Kino einem das Gruseln lehrt. Die Filme ähneln sich zwar in Handschrift und Thema meist, bestechen aber durch ihre originelle visuelle und narrative Umsetzung.
Laura (Belén Rueda) verbrachte ihre Kindheit in einem Waisenhaus bis sie adoptiert wurde. Jetzt kehrt sie mit ihrem Mann Carlos (Fernando Cayo) und ihrem siebenjährigen Sohn Simón an den Ort ihrer Kindheit zurück, um es wiederzueröffnen. Simón weiß jedoch nicht, dass auch er adoptiert wurde. Der schüchterne Junge hat aber schon bald neue Freunde gefunden- nur leider kann sie niemand sehen. Was Laura und Carlos anfangs noch für ein fantasievolles Spiel halten, nimmt immer konkretere Formen an. Simón unterhält sich mit seinen imaginären Freunden, spielt mit ihnen und erfährt schließlich Dinge, die er eigentlich nicht wissen dürfte. Als er mit seiner Mutter darüber in Streit gerät, läuft er davon und ist nicht mehr aufzufinden. Laura macht sich große Vorwürfe und scheint daran zu zerbrechen, bis sie selber Stimmen im Haus hört und sich erneut auf die Suche nach ihrem Sohn macht.
Juan Antonio Bayonas Erstlingswerk beeindruckt durch seine psychologische Tiefe und stilistische Reife. Inhaltlich bleibt er seinen spanischen Vorgängern zwar oft zu dicht auf den Fersen, geht dafür dramaturgisch aber interessante Wege. Das geschickte Spiel mit Licht und Schatten deutet das Unheimliche stets nur an, ohne es als bloßen Schockmoment preiszugeben. Der von Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“) produzierte Film verdichtet die klassische Geistergeschichte zu einem spannenden psychologischen Kammerspiel: dient Lauras Kommunikation mit ihrem toten Sohn nur der Trauerbewältigung oder ist es krankhafter Wahn? Gut erzähltes Genrekino!
SP 2007, 102 min., R: Juan Antonio Bayona, D: Belén Rueda, Fernando Cayo