To Rococo Rot
Wednesday, January 16th, 2008ABC123 (Domino / RTD)
Drei Jahre nach ihrem letzten regulären Album »Hotel Morgen« melden sich To Rococo Rot auf »abc123« mit 20 Minuten Musik zurück. Ein Mini-Album. Ein schönes Format, um Lücken zu schließen oder Neues anzukündigen, ohne die Verpflichtung einer Single oder den Gestus eines Albums erfüllen zu müssen. Einfach Musik. Einfache Musik? Will uns das der Titel »abc123« sagen? Oder sagt er: »Mich interpretierst du nicht, Motherfucker!« Wahrscheinlich letzteres. Und wenn wir schon assoziieren müssen, dann doch besser musikalisch. Da drängt sich der OMD-Song »ABC Auto-Industry« (1983) auf, in dem nur die Zeilen »ABC 123« gesprochen werden. Auch musikalisch kein schlechter Verweis: Minimalismus, Rhythmus, Field Recording – ebenfalls wichtige Parameter für den Sound von To Rococo Rot. Auf »abc123« wurde das Set-up bewusst reduziert. Außer einem kleinen Yamaha-Sample-Keyboard und einem Computer wurden keine Instrumente benutzt. Die acht Songs sind kurz gehalten und geben in zwei bis drei Minuten nie zu viel von ihrer Wirkung preis. Im Opener »Freitag« reiben sich leise Soundflächen an einem auf und ab wabernden Basslauf und werden von einem perfekten Spannungsbogen zusammengehalten. Stücke wie »Verschieden« beziehen Jazz mit ein, während »Enigma« als clubtauglich minimal daherkommt und »H5« an eine Klanginstallation erinnert. Obwohl das Trio um Stefan Schneider und die beiden Lippok-Brüder sich im Spannungsfeld zwischen Klangkunst und Clubzugang bewegt, sitzen sie nicht zwischen den Stühlen, sondern drauf. Denn was sie hier in weniger als 20 Minuten in acht Tracks zum Ausdruck bringen, gelingt den wenigsten in der doppelten Zeit. Die betriebene Reduktion lässt nichts aus, sondern schafft Transparenz, und der Sound bleibt sexy. Ein bewusster Gegenentwurf zum Breitband-Sound anderer Kollegen oder doch bandinterner Diskurs? Egal, die Richtung stimmt und macht neugierig auf das kommende Album, das voraussichtlich im Frühling erscheinen wird. Marco Frenzel