Marco Kreuzpaintner im Interview
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Roland Emmerich?
Roland mochte meinen Film „Sommersturm“ und lud mich zu ihm nach Los Angeles ein. Dort ließ er mich einige Drehbücher lesen und das zu „Trade“ beeindruckte mich. Doch es war Rolands Projekt. Als er mich dann nach einiger Zeit anrief und meinte, ich könnte den Film machen, war ich natürlich überglücklich.
Wie hat das amerikanische Film-Business auf Sie gewirkt, welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
In Amerika hat der Regisseur viel mehr Einfluss als in Deutschland, wo meist die Produzenten die Richtung vorgeben. Ich habe beispielsweise mit meiner Produzentin Rosilyn Heller lange über den Schluss diskutiert, weil ich bei dem Thema am Ende keine Lösung, sondern ein Frage stellen wollte. Und so haben wir es dann auch gemacht.
Und wie lief die Arbeit am Set?
Jeder im Team bis hin zum Fahrer begreift sich als Filmemacher und sieht seine Arbeit als Beitrag zum Gesamtwerk. Das ist sehr motivierend. Weniger motivierend ist die Tatsache, das man ständig mit Anwälten zu tun hat, die den ganzen rechtlichen Aspekt des Drehs überwachen. Beim Außendreh muss jedes Restaurant, Verkehrschild oder Markennahme, der im Film zu sehen ist, genehmigt werden. Ford gab uns aber keine Genehmigung, also mussten wir die Marke am Auto überkleben. Schon absurd.
Gibt es Pläne, erneut in den USA zu drehen?
Ab Januar bin ich drüben. Ich habe einen Haufen Drehbücher angeboten, drei davon sind interessant. Mal sehen, welches sich realisieren lässt. In Deutschland bekam ich in acht Jahren gerade mal vier Drehbücher angeboten. Und wenn man an die schlechte Bezahlung denkt, ist es kein Wunder, das so viele Talente nach Hollywood gehen.
Nun ist das Thema Sex-Trafficing auch für die USA kein leichtes. Brauchte es jemanden von außerhalb, der bereit war, diesen Film zu machen?
Roland lag das Projekt sehr am Herzen. Aber die Finanzierung war sehr schwierig. Der Film ist nicht von den Studios produziert, also independent. Wir arbeiten ja mit UNICEF, terre des hommes und amnesty international zusammen, um dem Thema eine Öffentlichkeit zu geben. Es wäre schon, wenn dieser Film etwas bewirken kann und die Leute erreicht.
Was interessierte Sie persönlich an der Thematik?
Die Globalisierung bringt es mit sich, das vor allem wirtschaftliche Interessen gewahrt werden- aber wo bleiben die ethisch-moralischen? Mich interessierte die interkulturelle Ebene und die Menschen dahinter- Opfer wie Täter. Bei der Inszenierung war mir aber wichtig, keine expliziten Bilder zu zeigen, um die Figuren nicht in ihrem Leid auszustellen.
Interessant ist auch Ihr Blick auf die Täter verbunden mit der Frage, wie Kriminalität und Religion miteinander vereinbar sind.
Mir ging es um den Widerspruch und die Scheinheiligkeit, die dahinter steckt- auch auf staatlicher Ebene. Im Film liegt der Blickwinkel auf Mexiko und die USA, die in ihrem christlichen Extremismus nicht nur widersprüchlich, sondern verlogen daherkommen. Ich bin ja selber katholisch erzogen worden, doch obwohl ich einige Zeit Messdiener war, bin ich als 19jähriger sofort aus der Kirche ausgetreten, was natürlich viel mit meinem Schwulsein zutun hatte. Ich kann doch nicht Mitglied von einer Gemeinschaft sein, die mich dafür verachtet, wie ich bin.
Dabei denkt man bei Extremismus momentan eher an andere Religionen als den Katholizismus…
Der oscar-nominierte Dokumentarfilm „Jesus Camp“ zeigt sehr eindringlich und erschreckend, wie christlicher Extremismus in der USA funktioniert. Dieses Einschwören auf christliche Ideale mit radikalen Inhalten. Es ist scheinheilig, nur auf den Nahen Osten zu blicken, anstatt auch mal vor der eigenen Haustür zu schauen.