Bilder von Afrika
Wenn wir an Afrika denken, fallen den meisten von uns immer die gleichen Bilder ein: Hunger, AIDS, Armut, Völkermord oder wilde Tiere. Über die politischen und kulturellen Zusammenhänge des Landes erfährt man in den Medien und Nachrichten nur sehr wenig, obwohl man denken sollte, dass es über einen Kontinent mit 53 Staaten und über 3000 verschiedenen Bevölkerungsgruppen vieles zu berichten gäbe.
Seit kurzem hat das Kino Afrika für sich entdeckt. Filme wie Hotel Ruanda, U-Carmen, Darwins Alptraum, Der Ewige Gärtner, Geh und lebe und Tsotsi ermöglichen einen interessanten und vielschichtigen Blick auf den Kontinent, wo eine lebhafte Filmindustrie heranwächst.
Das afrikanische Kino ist noch recht jung und international traten afrikanische Filme erst Ende der 60er Jahre in Erscheinung. Mittlerweile hat sich vor allem in Südafrika, Burkina Faso und Nigeria eine florierende Filmindustrie entwickelt. Während Südafrika und Burkina Faso mit anspruchsvolleren Filmen auch vermehrt international Fuß fassen wollen, produziert Nigeria erfolgreich populäre Unterhaltung für die Masse. Mit kleinsten Budgets von 600 bis 1500 Euro werden innerhalb weniger Drehtage Filme aller möglichen Genres gedreht, die aber selten ins Kino kommen, sondern als Leih- oder Raubkopien in Form von VHS oder VCD ein Millionenpublikum erreichen. Mittlerweile bringt es Nollywood mit rund 1500 Filmen pro Jahr auf mehr als die USA oder Indien. Viele dieser Filme werden im kleinen Stil weltweit vertrieben und sind selbst in Berliner Afro-Shops zu finden.
Inhaltlich orientiert man sich an indischen oder brasilianischen Telenovelas, greift aber auch auf Horrorfilme oder amerikanische Blockbuster zurück. Diese werden meist innerhalb weniger Wochen mit afrikanischen Schauspielern nachgedreht und auf die eigene Realität übertragen. Dieser Mix aus westlicher Populärkultur und eigener Identität wird in ganz Afrika verstanden und ist auch in der Musik weit verbreitet. Trotz aller ethnischer Konflikte gehört die Integration anderer kultureller Einflüsse in den Vielvölkerstaaten Afrikas zum alltäglichen Umgang miteinander. Allerdings werden gesellschaftskritische Themen oder Konflikte zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen wie den Yoruba, Igbo und Haussa weitestgehend ausgeklammert. Die Filme sollen in erster Linie unterhalten.
Doch sie sollen auch Geld einspielen. Und obwohl die Kinos ihre Eintrittspreise den jeweiligen Wohngebieten anpassen, bietet die günstigere Raubkopie für viele die einzige Möglichkeit, einen Film zu sehen. Und auf dem Land, wo es keine Kinos gibt, können sich die Leute für ein paar Cent die Neuerscheinungen mit einem mobilen “Koffer-Kino“ auf Video ansehen.
Geld lässt sich unter diesen Bedingungen mit dem Kino aber kaum verdienen. So kann ein Film wie Tsotsi, der gerade mal drei Mio. Dollar gekostet hat, wenn er sehr gut läuft, nur fünf Mio. Dollar an den Box Offices einspielen, weil der inländische Markt so klein ist. Abzüglich aller Kosten verbleibt lediglich ein fünftel an Einnahmen, also ein Minus von zwei Mio. Dollar für einen erfolgreichen Film. Um Gewinne zu erzielen ist man daher auf den ausländischen Markt angewiesen. Um dort besser wahrgenommen zu werden, setzte man häufig auf international bekannte Schauspieler wie Juliette Binoche und Samuel L. Jackson, die in In My Country zwei Südafrikaner spielen. Doch der Film floppte international und wurde in Afrika als wenig authentisch wahrgenommen.
Auch wenn internationale Filme, wie Die Dolmetscherin, Der Ewige Gärtner oder demnächst Shooting Dogs das Augenmerk verstärkt auf die politische und soziale Situation in Afrika lenken, sind es doch vor allem afrikanische Filme wie Yesterday, Tsotsi, U-Carmen, oder Drum, die mit ihrer eigenen Sichtweise neue Bilder in unseren Köpfen entstehen lassen.
Durch die internationale Anerkennung dieser Filme (Auslands-Oscarnominierung für Yesterday, Goldener Bär für U-Carmen und Oscar für Tsotsi) sollte es dem afrikanischen Film gelingen, die Aufmerksamkeit zu bekommen, die er verdient.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) bietet zum Thema “Afrika auf der Leinwand” Kinoseminare für Schulen an. Infos zum Projekt “Fokus Afrika“ und zu Filmen und Publikationen unter:
www.bpb.de/veranstaltungen
www.bpb.de/filmhefte